Montag, 1. Oktober 2007

Von Ameisen und anderen Mitbewohnern

Na super: wir haben Ameisen in unserem Zimmer.
Und Nein!, es liegt nicht an mir. Fragt meine Kitty! Wir hatten nie Ameisen in unserer geräumigen 3-Zimmer-Wohnung mit Rheinblick und Dachterrasse.

Mein Mitbewohner hier, ein sehr liebenswerter ABC (American Born Chinese), lässt leider seinen ganzen Müll hier herumliegen und scheinbar fühlen sich diese possierlichen Vielfüssler davon stark angezogen. Es wird Zeit für ein klärendes Gespräch. Nach vier Wochen trauter Zweisamkeit hätte ich da das ein oder andere Anliegen: ständig liegen Münzen auf dem Boden, der Schreibtisch (UNSER Schreibtisch) ist vollgemölt mit Kassenbons (ich erwähnte sie bereits), Essstäbchen, DVDs und Netzwerkkabeln und vom Badezimmer möchte ich gar nicht erst anfangen. Für sein Schnarchen kann er nichts, auch für seine nächtlichen Monologe kann ich ihn nicht belangen. Aber ein gewisses Mindestmaß an Ordnung darf ich doch wohl erwarten. Und Gott weiß, ich bin selbst keine Marry Poppins!

Gestern waren wir in Danshui, ein altes Fischerdorf im Norden von Taipei. Danshui bedeutet so viel wie "fresh water" und ist bezeichnenderweise ebenso der Name des Flusses, der Taipei durchquert: der Danshui River.
Bei gefühlten 40°C sind wir also am Fluss entlang spaziert und haben diverse Münzen in Spielautomaten, Greifarme und Getränke investiert. Unglaublich, wie viel Geld man dort loswerden kann, ohne es zu merken. Nichtsdestotrotz ist Danshui wunderschön. Die unendlich lange Promenade ist gesäumt von Straßenmusikanten, Fischerbooten, Restaurants und Fruchtverkäufern. Auf der anderen Seite des Flusses erstreckt sich eine fast unberührte Gebirgslandschaft und man fühlt sich teilweise um hunderte Jahre in der Zeit zurück versetzt. Schon spannend, wie oft und schnell sich die eigene Gefühlswelt wandelt. Ich erinnere mich an meine ersten Minuten in Taiwan, als ich im Shuttlebus vom Flughafen zur Uni fuhr. Die Landschaft, die wir dort passierten war so ziemlich das genaue Gegenteil von Danshui und ähnelte eher einem Kriegsschauplatz in Kabul oder Bagdad. Ich hab nur noch auf die Rebellen gewartet, um unseren Bus zu stürmen und uns alle umzubringen. Nunja...vielleicht nächstes Mal ;)

Anschließend waren wir erneut auf dem Taipei 101, da die Wetterbedingungen eine hervorragende Sicht versprachen. Und tatsächlich: oben angekommen wurden wir mit einem weiten, klaren Blick über die mittlerweile nächtliche Stadt belohnt. Absolut atemberaubend zu sehen, wie die Metropole unter deinen Füßen auflebt und pulsiert und mindestens genauso ärgerlich, dass man diesen Blick nicht für immer festhalten kann (Notiz für später: Stativ kaufen!). Zugegeben, der Rheinturm in Düsseldorf ist nicht ganz soooo spektakulär ;) Die Fotos sind aber dennoch verhältnismäßig gut geworden und wie immer im Album zu diesem Post zu bewundern.

In der vergangenen Woche ist mir zum ersten Mal vorgeführt worden, was ich an Deutschland vermisse. Das sind in erster Linie Nahrungsmittel. Eigentlich nur Nahrungsmittel ;) (Freunde und Familie selbstverständlich ausgenommen). Wir waren am Sonntag im Carrefour einkaufen für das Full Moon Festival. Jede taiwanesische Familie grillt zur der Zeit, so we did as well! Neben zahlreichen frischen Meeresfrüchten und Geflügelgedöns gabs auch so bodenständige Sachen wie Käse oder einfach nur Brot. Der Käse hier ist aber fast unbezahlbar und da ich keinen Platz zur Aufbewahrung habe musste ich schweren Herzens auch auf das Brot verzichten. Ganz simples Brot ist hier echt eine Ausnahme. Wenn ich morgens zum Bäcker marschiere muss ich mich immer für irgendetwas mit Füllung entscheiden. Taiwanesen lieben gefüllte Backwaren. An der Füllung gibt’s aber immer irgendwas auszusetzen: zu süß, zu trocken oder schlicht zu undefinierbar. Und was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht! So werden selbst die grundlegendsten Güter zur begehrten Mangelware. Zusammen mit den Franzosen haben wir beschlossen, möglichst bald so etwas wie einen europäischen Abend zu veranstalten: Salami, Käse, Brot und Rotwein. Versteht mich nicht falsch: ich genieße es, eine andere Esskultur zu entdecken. Aber ebenso liebe ich die Vielfalt. Deswegen greife ich neben dem einheimischen Genussfeuerwerk hin und wieder gerne auch auf Altbekanntes zurück. Die Adresse für Care Pakete lasse ich euch gerne zukommen ;)

Morgen bekomme ich nach vier Wochen endlich mein dauerhaftes Visum. Damit kann ich dann ein weiteres Dokument beantragen, mit dem ich die Insel verlassen und auch wieder betreten kann. Ich werde meine Stimme nie wieder gegen die deutsche Bürokratie erheben. Taiwanesen haben einfach echt die Ruhe weg. Ich selbst zähle mich nicht zur Stress-Fraktion, aber es gibt eben Angelegenheiten, die man gerne vor Ablauf seines Besuchervisums geregelt haben möchte. Und eine Aufenthaltsgenehmigung gehört definitiv dazu!

Ich muss jetzt zum 7-Eleven, Antz-Ex kaufen ;) !

Man sieht sich!

Tipp: Schaut euch die Bilder in der Diashow an!

Danshui