Donnerstag, 1. November 2007

In eigener Sache

Es ist jetzt 1:20 Uhr. Ich sitze an meinem Schreibtisch und habe einen Plan.

Jeder, der mich kennt weiß, dass ich gerne oft und lange schlafe. Aber hier auf Taiwan ist mein Biorhytmus nun endgültig durcheinander geraten. In der vergangenen Nacht bin ich gegen 5 Uhr morgens eingeschlafen und gegen 16:30 Uhr wieder aufgewacht. Ich habe nicht nur zu lange geschlafen, nein, mein "Nickerchen" hat sich auch in die komplett falsche Hälte des Tages verlagert.
Das Unheil hat sich schon über Wochen hinweg angedeutet und nun bin ich endlich an dem Punkt angekommen, an dem ich mir sage: "Alter, komma klar!".

So habe ich mir vorgenommen, die kommende Nacht wach zu bleiben. Alles dafür notwendige habe ich eben noch fix im 7-Eleven eingekauft: Sushi, Salat, Cornflakes und eine Flasche von meinem Lieblings-Tee.















Benjamin, ein Kommilitone aus Deutschland und einer meiner engsten Vertrauten hier, wird mich um Punkt 7:15 Uhr abholen und mich zum Immigration Office fahren. Dort muss ich morgen mein ARC (Alien Residence Certificate) beantragen. Eigentlich sollte die Uni das für mich erledigen. Aber die dafür zuständige Dame ließ sich nicht so recht motivieren. Also bleibt es an mir hängen. Schließlich bin ichs ja auch, der noch ein paar Monate hier bleiben will.

Nun also erstmal wach bleiben, Tee trinken und weiter bloggen.

Heute hat es den ganzen Tag geregnet. Zumindest in der Tageshälfte, die ich bewusst miterlebt habe. Als ich gegen 18 Uhr frühstücken gegangen bin ist mir aufgefallen, dass Taoyuan noch viel hässlicher ist wenn es regnet. Das ist erstaunlich, denn selbst am hellichten Tage ist die Stadt wahrlich keine Perle. Kombiniert mit dem omnipräsenten Geruch nach Fett und Abgasen und dem Anblick rückwärts herum hängender Hühnerköpfe auf dem Frischmarkt ist das ganze aber schon fast wieder charmant. Auch wenn sich das ziemlich chaotisch und nach Urlaub in der Dritten Welt anhört - ich lebe gerne hier. Die Leute sind arg freundlich und entspannt, sie lächeln dich an auch wenn sie dich noch nie vorher gesehen haben. Und als offensichtlicher Ausländer wird auch gern mal der ein oder andere Fehltritt toleriert, z.B. das Scooter-Fahren ohne Helm oder das Lösen eines billigeren Fahrscheins für den teureren Zug. Das ist dann auch wiederum der Vorteil, wenn man die Sprache nicht versteht: keiner weiß wie er dir verständlich machen soll, was du gerade falsch gemacht hast. Ganz großartig!

Und die für mich entscheidenen (erfolgs-kritischen!) Menschen verstehen mich dann doch: mein neuer Frisör zum Beispiel.
Ich habe es nach zwei Monaten endlich gewagt, mir in Asien die Haare schneiden zu lassen. Ok, ok, ich musste dafür extra nach Taipei fahren und habe in etwa das 5-fache von dem gezahlt, was man hier normalerweise für einen Männerhaarschnitt auf den Tisch legen muss. Aber naja, das wars mir halt wert. Und nach einer Stunde waschen, massieren, schneiden und stylen war es dann vollbracht: ich sah aus wie ein Männermodel der japanischen Vogue. Furchtbar! Scheinbar ist der Horizont der Lokal-Stylisten arg eingeschränkt. Kein Wunder. Als er mich fragte, wo ich denn her käme antwortete ich brav mit "Germany.". Daraufhin guckte er mich an wie ein Auto und ich fragte "Germany, you know?", woraufhin er beschämt "Oh sorry, no!" erwiderte. Da wars mir dann aber auch zu blöd im zu erklären, wo genau Deutschland denn nun liegt und hab es mit "Central Europe" gut sein lassen. Tja, das klingt arg nach Hinterwäldler. Aber ich möchte auch nicht wissen, wie viele meiner hoch geschätzten Freunde mich in den letzten Wochen kontaktiert haben mit den Worten "Du, ich hab grad gesehen, Taiwan is' ja ne Insel!" ;)
So habe ich ihn dann auch in dem Glauben gelassen, dass ich meine neue Frisur einfach nur GEIL finde, hab mich bedankt und bin gegangen. Meine Mütze hab ich ja in Extremfällen sowieso immer dabei: und das war einer. Definitv.
Ach, und bevor jetzt hier irgendjemand meint, indiskret werden zu müssen: es gibt keine Fotos.

So, mittlerweile ist es 5 Minuten nach 2 Uhr in der Nacht und der Regen platscht noch immer auf das Vordach über meinem Fenster. Ich werde mich jetzt mal an meine Uni-Sachen setzen. Vorher gibts aber nomma nen richtigen schönen Instant-Kaffee. Nich, dass hier noch jemand weich wird.

Eine geruhsame Nacht wünsche ich!